Freundeskreis
Garten der Menschenrechte
Eine kleine Dokumentation
Das jüngste Mitglied des Freundeskreises ist der Frage nachgegangen, warum die Menschenrechte eigentlich im Rhododendronpark liegen.
Ein Video, in dem er sich auf die Suche nach Antworten begibt, findet ihr hier:
Präsentation zur Wanderausstellung
von Gudrun Stuck
Präsentation Kinderrechte
Putzaktion mit dem Gymnasium Horn
Die 6d des Gymnasium Horn war im Garten der Menschenrechte zu Besuch:
Frühjahrsputz 2019
Auch in diesem Jahr gab es wieder tatkräftige Unterstützung bei der Pflege der Bronzebänder.
Hier der Bericht des Weser-Kuriers:
Redebeiträge vom KulturMitmachMarkt 2020
KulturMitmachMarkt, Samstag 12.9.20 im Garten der Menschenrechte im Rhododendronpark Bremen
Rede von Prof. Dr. Annelie Keil
Freiheit, die wir meinen- aber welche ist das und in welcher Not steckt sie?
1. Dem Recht eines jeden Menschen auf gesunde Lebensbedingen, auf den Schutz für Leib und Leben, auf die Förderung der Fähigkeit, Verantwortung übernehmen zu können und den aufrechten Gang eines freien Menschen lebenslang zu üben ist die andere Seite dieser Medaille eingeprägt
2. Nämlich die Pflicht eines jeden Menschen, sich für die Ausgestaltung und Durchsetzung der Menschenrechte unter den jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Bedingungen einzusetzen. Menschenrechte und Menschenpflichten sind die zwei Seiten einer Medaille, ein mühsam erworbenes ethisches bedingungsloses Grundeinkommen, das wir alle brauchen. Sie bieten keine einklagbare Garantie, sondern eine Art Abkommen und gegenseitiges Versprechen zwischen dem einzelnen Menschen auf der einen und der Gesellschaft als menschlicher Gemeinschaft auf der anderen Seite, das individuelle und das Leben der Anderen zu schützen und für Bedingungen zu sorgen, die ein menschenwürdiges Leben ermöglichen.
3. Ein Blick zurück. Einzeln und allein wäre der Mensch verloren. Er muss in Beziehung treten und sich zusammentun, sich sozusagen im Austausch mit der Welt ansiedeln. Um zu siedeln, sich einen Ort zum Überleben zu suchen, gemeinschaftliches Leben zu organisieren, die Ernährung zu sichern, Tiere zu halten, Häuser zu bauen, also unterschiedliche Infrastrukturen für gesunde Lebensbedingungen zu schaffen, mussten Menschen, Stämme und umherziehende Gruppen- seit es sie gibt- Schritt für Schritt ihr „Nomadentum“ als ihre spezifische „ grenzenlose“ Mobilität aufgeben und sich niederlassen, Eigentum bilden, sich mit sichtbaren und unsichtbaren Zäunen gegen Fremde abgrenzen. Später wurden sie dann genauer gezählt, nach Sprachen, Religionen, Kulturen, Nationen und anderen Kriterien geordnet. Man wollte ausfindig machen, wer dazu gehörte, wer Untergruppen bildete, wer mit wem lebte, wie alt, wie krank, wie kriminell die „Einwohner“ waren. Der Wanderungs-, Siedlungs- Flucht- und Bewegungsprozess der Menschen wurde in feste Bahnen gelenkt. Es sollte klar sein, wer wohin gehört, wer ansässig ist und bleibt, wer zugewandert ist, wie die Geschlechteraufteilung aussieht und sich verändert, von was die Menschen leben, wie alt sie sind, wen sie wählen, was sie essen, und vieles mehr. Melderegisgter, Einwohnermeldeämter der unterschiedlichsten Art, digitale Dokumentationszentren entstanden und entstehen! Freie Bewegungen sollten in Bahnen „gezähmt“, verändert und den modernen Ordnungs- und Kontrollsystemen einverleibt werden.
4. Diese große Aufgabe, das Leben der Menschen als würdiges Zusammenleben über alle Grenzen und Unterschiede hinweg immer wieder neu organisieren, war und bleibt schwer, ist von Konflikten umstellt und bedarf des Ausgleichs von Interessen, der Freiheitsbedürfnisse und der Einsicht in die Nöte und Notwendigkeiten menschlichen Zusammenlebens. Die Erklärung der Menschenrechte und Menschenpflichten ist der umfangreichste und bedeutendste historische Versuch, diese Anmahnung zum Grundsatz eines demokratischen, würdigen und freien Miteinanders zu verfolgen.
5. Wer heute hier durch diesen wunderbaren Garten der Menschenrechte im Rhododendronmarkt Bremen wandert, seine Mund Nase Maske mitgebracht hat und die Hygienevorschriften einhält, wird sich vermutlich nicht seiner Freiheitsrechte grundsätzlich beraubt fühlen, sondern folgt wahrscheinlich -mehr oder weniger überzeugt- der gesundheitspolitisch und hygienerechtlich begründeten Aufforderung, das Infektionsrisiko für andere Menschen zu mindern. In Pandemiezeiten gehört das zum Recht auf gesunde Lebensbedingungen und ohne die Beachtung dieser einschränkenden Maßnahmen hätte die Veranstaltung nicht stattfinden können. Dies wie die kritische Hinterfragung um die Angemessenheit der Maßnahmen gehört zum Diskurs über die freiheitlich demokratische Grundordnung und ihre Rahmenbedingungen – etwa in Verordnungen zur Versammlungsfreiheit und zum Interessenausgleich
6. Wer den Spuren der in Stein gemeißelten Menschenrechte in diesem Garten folgt, stößt indirekt auf die beiden Seiten der Medaille, wenn er über die doppelte wie einheitliche Botschaft nachdenkt, die in ihnen steckt. Frei ist ein Mensch, der so lebt, wie er aus eigenem Antrieb und aus eigener Überlegung will. (a)Können und wollen wir das? Antriebe und Überlegungen geraten in Widerspruch. Was wir müssen, sollen, können,
wollen und dürfen verlangt einen ständigen Dialog zwischen Anpassung und Widerstand, Traum und Wirklichkeit.
· Ein freier Mensch ist jemand, der sich von sich selbst oder anderen auf die richtige Weise fesseln lässt, der etwas kann, will und darf.-„ Wir sind Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“, heißt es bei Albert Schweitzer. Aber wie und wann wirft man die Fesseln ab, die man sich selbst oder die Gesellschaft einem angelegt hat?
· Ein freier Mensch zu sein, bedeutet, wählen zu können, für Anliegen zu kämpfen und für sich und die Gemeinschaft Sorge zu tragen.
· Ein freier Mensch ist jemand, der sich selbst zu binden und auch zu entbinden weiß, der sich vor allem auch mit der Unverfügbarkeit und Ungewissheit der eigenen Existenz verbunden weiß, der Schwäche, Krankheit, Unvermögen, Fragilität akzeptiert und weiß, dass das Leben ohne den Tod nicht zu haben ist.
7. Nur der „Tyrann“ und die Anhänger von Bevormundung und Tyrannei aller Art glauben, sie könnten alle Fesseln abwerfen, sich an die erste Stelle setzen, sich die Freiheit nehmen, nur auf eigene Rechnung zu handeln. Zu viel dieser Tyrannei, von Überheblichkeit, Ausgrenzung, Beschränkung und Missbrauch geistiger Offenheit und Meinungsfreiheit, Verweigerung des emotionalen Schutzes, sozialer Gerechtigkeit bedroht gegenwärtig und global unsere individuelle Lebensqualität, die unseres gemeinschaftlichen Zusammenlebens und unsere Zukunft. Sie betreibt ihr Geschäft nicht nur global und sichtbar in der Verletzung der Menschenrechte und der Vernachlässigung der Menschenpflichten, sondern auch teilweise unsichtbar in unseren Familien, Schulen, Betrieben, Krankenhäusern, Städten und Dörfern.
8. Mutig Aufmerksamkeit üben, nicht ausweichen, wo nötig Widerstand leisten und die Menschenrechte zum eigenen Anliegen zu machen, ist angesagt. Gesundheit ist nicht ein Zustand ohne Befund. Auch medizinisch ist der erkrankte Mensch mehr als sein Befund. Im Gegenteil: Gesundheit ist weder käuflich zu erwerben noch auf Rezept, per Gesetz oder Versicherungsleistung der Krankenkassen zu verordnen oder gar zu garantieren. Gesundheit ist vielmehr eine Lebenskompetenz,die persönlich wie gesellschaftlich lebenslang und durch alle Verhältnisse hindurch erworben werden musss. Sie ist dem körperlichen, seelischen, geistigen, sozialen und spirituellen Wohlbefinden (WHO), also einer umfassenden Lebensqualität menschlichen Daseins verpflichtet und das Werkzeug , mit dem wir allein und zusammen mit anderen für die Lebensbedingungen kämpfen, die wir gesund nennen. Gesundheit ist eine Lebensleistung- und dabei kann und darf man auch krank werden, weil Leben Gesundheit gefährdet. Hauptsache gesund! - ist der falsche, zumindest problematische Wunsch Sylvester 2020/ 2021. Das lebendige Leben weiter zu erfinden und zu gestalten ist nicht nur in Zeiten der Pandemie eine gesunde Alternative
Möge die Übung gelingen, heißt es im Zirkus!
(Mehr zur Nachlese: www.anneliekeil.de)
Grußwort von Anette Düring, DGB Bremen
Das (Menschen-)Recht auf gesunde Lebensbedingungen
Bezugnehmend auf die Artikel:
- Artikel 23 (1): Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
- Artikel 25 (1): Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.
Man sollte meinen, dass gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen eine Selbstverständlichkeit darstellen. Wer will schon schlechte und ungesunde Lebensbedingungen? So einfach ist es jedoch leider nicht.
Die Durchsetzung des Rechts auf gesunde Lebensbedingungen ist nicht erst seit der Corona-Pandemie ein wichtiges Thema. Die Gewerkschaften streiten seit ihrer Gründung als Arbei-tervereine in den 1830er Jahren für gesunde und faire Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Menschen.
In Bremen jährt sich im nächsten Jahr die Neugründungen der Gewerkschaften nach dem zweiten Weltkrieg zum 75ten Mal. Wir waren stets mit der Durchsetzung dieses Rechts befasst.
Seit 1948 sind gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen als Menschenrechte in der Allge-meinen Erklärung der Menschenrechte festgehalten:
- Artikel 23, Absatz 1 sieht vor, dass alle Menschen ein Recht auf gute Arbeit haben
- Artikel 25, Absatz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sieht vor, dass alle Menschen ein Recht auf gesunde Lebensbedingungen haben, die Gesundheit und Wohl gewährleisten.
Beides kann man nicht voneinander trennen: Arbeit und Leben gehören zusammen, gesunde Lebensbedingungen sind ohne gesunde Arbeitsbedingungen nicht zu haben
Die Gewerkschaften haben diesen Zusammenhang immer betont und viele Erfolge erstritten, die uns heute selbstverständlich erscheinen, aber das Ergebnis harter Auseinandersetzungen waren:
- Der Acht-Stunden-Tag
- Das Verbot von Kinderarbeit
- Lohnfortzahlung im KrankheitsfalloBezahlter Urlaub
- Die Durchsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
All diese Beispiele gehören für uns heute zur guten Arbeit und gesunden Lebensverhältnissendazu, sie sind aber nicht von allein entstanden, sondern weil Kolleginnen und Kollegen sich organisiert haben, um Druck auf die Politik auszuüben als Gesetzgeber tätig zu werden und dies gegen die Interessen der Arbeitgeber durchzusetzen.
Die Corona-Pandemie zeigt uns erneut auf, dass gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen etwas sind, das regelmäßig erkämpft und verteidigt werden müssen.
Gerade in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, aber auch im Einzelhandel konnten wir Entgrenzungen während der Pandemie feststellen:
- In der Pflege ist die Arbeitszeit auf 12 Stunden entgrenzt worden, anstatt die Leistung der systemrelevanten Berufe anzuerkennen und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern
- Im Einzelhandel hat sich die Arbeitsbelastung während des Lockdowns vervielfacht: Eine Aufwertung ihrer Arbeitsverhältnisse ist bislang nicht in Sicht
- In vielen Branchen ist der Gesundheits-, Arbeits- und Infektionsschutz für die Kolle-ginnen und Kollegen nur auf Druck der Gewerkschaften durch die Arbeitgeber auf dieneue Situation angepasst worden. Es bleibt eine Daueraufgabe, dass Menschen während ihrer Arbeit nicht krank werden.
Viele Menschen standen während der Pandemie Abend für Abend an ihren Fenstern, um sys-temrelevanten Berufsgruppen durch Klatschen ihren Dank auszudrücken. Solche Solidaritäts-bekenntnisse sind wichtig, aber sie verändern die Situation nicht.
Wer gesunde Lebensbedingungen für alle Menschen durchsetzen will, die*der muss sich in Gewerkschaften organisieren und diese gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen gegen-über den Arbeitgebern und der Politik durchsetzen
Gerade in Pandemiezeiten zeigt sich: Solidarisch ist man nicht alleine!
Eva Senghaas-Knoblochs Vortrag zur Ausstellungseröffnung in der Kirche Unser Lieben Frauen
Rede zur Ausstellungseröffnung der Bremer Liebfrauenkirche, März 2022
Liebe Engagierte und Interessierte!
Manche Bilder prägen sich tief ein: das schreiende Mädchen, das sich vor Napalmbomben
in Vietnam zu retten versuchte, der kleine Junge aus Syrien, am Strand angeschwemmt
- ertrunken bei der Flucht, ein kleines Menschenwesen in Yemen, nur
noch Haut und Knochen. Es sind Bilder aus Kriegen und ihren abgründigen Mangelsituationen.
Ich schrieb diese Worte vor einem Jahr, kurz bevor wir die Eröffnung unserer
Ausstellung in dieser wunderschönen Kirche wegen der Coronapandemie absagen
mussten. Heute sind uns Not und Leid durch Krieg näher gerückt, an die Grenzen
der EU in der Ukraine.
Keine Generation übernimmt einfach die Lehren vorangegangener Generationen oder
aus anderen Ländern, obschon sie in Verfassungen und Institutionen Eingang gefunden
haben:
Noch während des Zweiten Weltkriegs gab es politische Initiativen, um nach dem gescheiterten Völkerbund mit der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) eine
neue internationale Organisation ins Leben zu rufen. Der Gründungsvertrag, die
Charta der Vereinten Nationen wurde schon wenige Wochen nach Kriegsende im
Juni 1945 von 50 Gründungsstaaten unterzeichnet. Drei Jahre später, am 10. Dezember
1948, nahm die UNO-Vollversammlung, damals schon 58 Mitgliedsstaaten, die
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte an, ohne Gegenstimmen, aber mit 8
Enthaltungen von Jugoslawien, Polen, Saudi-Arabien, Sowjetunion, Südafrika,
Tschechoslowakei, Ukraine und Weißrussland. Heute bekennen sich 147 Staaten zu
der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Diese war unter der straffen Leitung von Eleanor Roosevelt, der Witwe des Präsidenten
Franklin Roosevelt und Botschafterin bei der UNO, von 18 Männern und Frauen
aus Australien, Chile, China, Frankreich, dem Libanon, der Sowjetunion, Großbritannien
und den Vereinigten Staaten erarbeitet worden und umfasst 30 Artikel, (das Fehlen
afrikanischer Staaten verweist auf den damals noch herrschenden
Kolonialismus).
Auch die UNESCO, die neue Sonderorganisation der UNO für Erziehung, Wissenschaft
und Bildung hatte sich 1947/48 um das Thema Menschenrechte bemüht. Ihre
Gründungsurkunde sagt schon in Artikel 1: „Da Kriege im Geist der Menschen entstehen,
muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“ Von Seiten
der UNESCO waren Personen aus den Geisteswissenschaften in verschiedenen Bereichen
und Regionen gefragt worden, wie sie an die Aufgabe einer allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte herangehen würden. Das Ergebnis der Umfrage war sehr
gemischt: Etliche Antworten verwiesen auf die weltweit sehr verschiedenen Voraussetzungen
und Schwierigkeiten für solch ein Unterfangen mit Blick auf die diversen
Kulturen und Religionen oder lehnten es gänzlich aab Der gleichwohl entstandene
Bericht darüber war bis vor wenigen Jahren verschollen.
In unserer Gegenwart ist inzwischen weltweit eine stark auftretende skeptische oder
ablehnende Auffassung gegenüber allgemein geltenden Menschenrechten politische
Realität. Demgegenüber benannte die kleine von der UNO 1946 eingesetzte Kommission unter Vorsitz von Eleanor Roosevelt in ihrem relativ kurzen Text schon im ersten Satz
der Erklärung „die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie“ innewohnenden Würde sowie die gleichen und unveräußerlichen Rechte „als Grundlage
der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt.“
Es wird nicht versucht, den Universalismus, der im Begriff der menschlichen Familie
zum Ausdruck kommt, philosophisch-konzeptionell zu begründen; vielmehr wird er
von den negativen Folgen einer Missachtung der Menschenrechte her plausibel gemacht,
nämlich mit Blick auf die Barbarei durch Gewaltregime und Kriegsgräuel,
die auch das Gewissen verletzt. Darüberhinaus wird ein Argument politischer Klugheit
benannt: Menschenrechte sind durch die Herrschaft des Rechts zu schützen, damit
Menschen nicht zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung als letztem
Mittel gezwungen werden.
Entsprechend verkündet Artikel 1: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen".
Artikel 2 geht noch einmal ausdrücklich darauf ein, dass wirklich alle Menschen
den gleichen Anspruch auf Menschenrechte und Freiheiten haben, u.a. unabhängig
von der Stellung des Landes, dem eine Person angehört.
Dieser Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 folgten 1966 aus Gründen
politischer Konsensfähigkeit in Kalten Kriegszeiten zwei verschiedene Internationale
Menschenrechtspakte, einer für die bürgerlichen und politischen und einer für
die sozialen, ökonomischen und kulturellen Rechte. Die verbreitete Ratifizierung
beider Pakte schuf aber die völkerrechtlichen Grundlagen für ihre Zusammengehörigkeit.
In der Praxis der Staaten allerdings werden die Menschenrechte immer wieder verletzt,
von einigen Mächten auch offen bekämpft. Es werden einzelne Rechte gegeneinander
ausgespielt, und neuerdings werden die Unterschiede, besonders die gefühlten
Unterschiede zwischen den Mitgliedern der „menschlichen Familie“ wieder besonders
hervorgehoben: Identitätspolitiken aller Art gehen im Innern der Gesellschaften
nicht selten mit der Zerrüttung von zivilen Streitkulturen und mit Gewalt zusammen
und in Konflikten zwischen Gesellschaften mit Krieg. Der in Artikel 28 verankerte
Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der Rechte und Freiheiten
aller Menschen verwirklicht werden können, gerät in Kriegszeiten schnell aus
dem Blick.
Also doch alles nur erhabene Worte, die man sich angesichts der großen Konflikte
und nahen Kriege heute sparen sollte, weil sie nur vertuschen, was an real an Ungerechtigkeit
und Gewalt geschieht? So zu urteilen verkennt, dass die Erklärung von
Staaten angenommen wurde und diese auch verpflichtet, aber genau so auch jeden
einzelnen Menschen, wie in Artikel 29 aufgeführt:
„Jeder Mensch hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und
volle Entwicklung seiner Persönlichkeit möglich ist“.
Das steht in Verbindung zu dem Eingangssatz der Erklärung, demzufolge jeder Einzelne
und alle Organe der Gesellschaft die Achtung dieser Rechte und Freiheiten zu
fördern haben.
Ohne zivilgesellschaftliches Engagement geht es nicht. Eleanor Roosevelt hatte anschaulich
dargestellt, worauf es damals wie heute ankommt:
"An den kleinen Plätzen, nahe dem eigenen Heim. So nah und so klein, dass diese Plätze auf keiner Landkarte der Welt gefunden
werden können. ...Das sind die Plätze, wo jeder Mann, jede Frau und jedes Kind gleiche Rechte, gleiche Chancen und gleiche Würde ohne Diskriminierung sucht. Solange diese Rechte dort keine Geltung haben, sind sie auch woanders nicht von Bedeutung. Wenn die betroffenen Bürger nicht selbst aktiv werden, um diese Rechte in ihrem persönlichen Umfeld zu schützen, werden wir vergeblich nach Fortschritten in der weiteren Welt suchen."
Dementsprechend enthält unsere Ausstellung Portraits von Personen in Bremen und
Aktivitäten von Gruppen, vielen Jugendlichen, die sich für Menschenrechte einsetzen.
Bei den Portraits finden Sie kurze Sätze, mit denen eine portraitierte Person ihr
Engagement für ein bestimmtes Menschenrecht begründet. Den ersten Satz hat für
Artikel 1 unser - leider früh verstorbener - Bremer Bürgermeister Hans Koschnick
geschrieben. Natürlich gibt es in Bremen viel mehr engagierte Menschen und es müssen
noch mehr werden, die weitere ermutigen, mit öffentlicher Kritik, mit kulturellen
Beiträgen, mit konstruktiven Vorschlägen und mit Zivilcourage den universalen Menschenrechten Geltung zu verschaffen.
Unsere Ausstellung entstand im Zusammenhang mit dem 70. Jahrestag der Erklärung
der Menschenrechte 2018, weil es in Bremen schon seit Beginn unseres Jahrhunderts
den Garten der Menschenrechte gibt, gegründet von Witha Winter von Gregory, die
auch die Idee zur Ausstellung hatte. Im Zusammenhang mit dem internationalen Projekt
inscrire von Francoise Schein – die Menschenrechte schreiben – hatte sie zu
Beginn unseres Jahrhunderts die Idee und mit Barbara Reiter umgesetzt, dass es heute
zur Bewahrung der Menschenrechte notwendigerweise auch auf die Erhaltung unserer
natürlichen Lebensgrundlagen ankommt.
Die Artikel der Menschenrechte in der Allgemeinen Erklärung säumen daher auf
Bronzebändern viele Wege im Rhododendronpark als einer Gartenkultur; sie bedürfen
der Pflege, so auch ihre Inhalte. Um ihre Botschaften lebendig zu machen, finden
jedes Jahr besondere kulturelle Veranstaltungen statt; hervorzuheben ist in diesem
Jahr der sog. KulturMitMachtmarkt am 9. Juli zum Recht auf Bildung und nachhaltige
Entwicklung. Wie immer stellen sich einschlägig tätige Bremer Initiativen vor,
diesmal von A wie Amnesty International über M wie musikalische Darbietungen bis
zu U wie Projekten der Bremer UNESCO-Oberschulen und Gymnasien, die sich der
Nachhaltigkeit verschrieben haben.
Wir, der Freundeskreis Garten der Menschenrechte und das Bremer Informationszentrum
Menschenrechte und Entwicklung, laden Sie herzlich ein, dabei zu sein.
Eva Senghaas-Knobloch